Der Eintritt ist frei, das Haus freut sich über Spenden. Um Voranmeldung unter ns-doku@krefeld.de wird gebeten.
wir freuen uns sehr, Stephanie Borgert zu Gast zu haben, die begleitend zum Film zu einem Gespräch mit Publikum in die Villa Merländer kommt.
Der Ordner – Der Film
Walter Pohl hatte Familie.
Walter Pohl war Opa.
Walter Pohl war ein Liebhaber von Wilhelm Busch.
Walter Pohl hat für seine Enkel mit den Ohren gewackelt.
Walter Pohl war SS-Obersturmführer.
Walter Pohl war Kommandoführer des Einsatzkommando 6 in Schachty.
Walter Pohl wurde wegen Beihilfe zum Mord angeklagt und verurteilt.
Walter Pohl wurde freigesprochen.
Stephanie Borgert bekommt von ihrer Großmutter einen gelben Aktenordner mit den Prozessunterlagen ihres Großvaters in die Hand mit den Worten: „Mach damit was Du willst, aber ich werde niemals darüber reden“. Sie liest darin und erkennt die Geschichte ihres Großvaters als SS-Offizier im Zweiten Weltkrieg. Es ist ein Schock, verstörend und wirft letztendlich mehr Fragen auf, als beantwortet werden. Seither steht dieser Ordner in ihrem Bücherregal und Stephanie Borgert fragt sich immer wieder, was sie damit tun soll und wozu er bei ihr gelandet ist.
Im November 2017 geht sie auf die Bühne des Kammertheaters „Der kleine Bühnenboden“ in Münster. Bei MenschMünsterMensch (eine Veranstaltungsreihe von Carola von Seckendorff und Cornelia Kupferschmid) erzählen Münsteraner Bürgerinnen und Bürger unterschiedlichste authentische, persönliche Geschichten. Eigentlich wollte sie eine ganz andere Geschichte zu Gehör bringen, aber plötzlich stand die Entscheidung von ihrem Großvater Walter Pohl zu erzählen. Stephanie Borgert spricht über das Schweigen in ihrer Familie, den Umgang mit dem Thema und miteinander. Darüber, dass sich ihr Bild von ihrem Großvater verändert, aber nicht vervollständigt hat. Der distanzierte Mann ist ihr noch fremder geworden.
Auf Grundlage des Originaldokuments ist ein Theaterstück entstanden. Stephanie trifft darin auf den sehr lebendigen „Geist“ ihres Großvaters und stellt ihm die Fragen, die uns allen unter den Nägeln brennen. Als Kriegsenkel stellen wir uns der nicht ganz leichten Aufgabe, nicht zu vergessen und unsere vermeintlich private Geschichte zur Allgemeinen zu machen. Wir alle sind Teil dieser Geschichte, ob wir wollen oder nicht. Und es ist alles andere als ein „Vogelschiss“ und nichts ist nur schwarz oder weiß.
Nachdem das Stück im Rahmen des Projekts „24 Stunden Münster“, dem theaterübergreifenden Stadtprojekt in Kooperation des Stadttheater Münster, des Wolfgang Borchert Theaters, des Kammertheaters „Der kleine Bühnenboden“, des Boulevardtheaters und des Pumpenhauses, im Herbst 2018 erfolgreich durch alle Theater gewandert ist, wird es weiterhin angefragt von Bildungseinrichtungen und für Lehrveranstaltungen. Daraus entsteht der Entschluss, ein eigenständiges Filmprojekt zu verwirklichen und dieses auch zum „Festival der Demokratie“ (2. – 10. Oktober 2021, Pumpenhaus Münster) zu präsentieren.
Der Film versucht über die „Landschaft“ der Gesichter in Close Ups, sowohl einen intimen Seeleneinblick in die handelnden Personen zu gewährleisten, als auch Blickkontakt zu den einzelnen Zuschauenden herzustellen und sie somit direkt anzusprechen und einzubeziehen. Das Publikum wird auf diese Weise zu Mitwirkenden, Betroffenen und Dialogpartnern. Die im Stück verhandelte Thematik, die sich perpetuierende Schuld- und Verantwortungsfrage, wird somit an die Betrachtenden noch intensiver als auf der Theaterbühne vermittelt und zwingt zur Stellungnahme.
Regie und Drehbuch: Carola v. Seckendorff
Spiel: Hannes Demming, Cornelia Kupferschmid, Stephanie Borgert
Stimmen: Paul Maximilian Schulze, Gerhard Mohr, Wilhelm Schlotterer
Kamera und Montage: Jens Krause
Filmversion gefördert von Münster Marketing
www.festival-der-demokratie.org

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