1935 wurde Anton Tappesser zum ersten Mal von der Polizei vernommen. Man warf ihm „widernatürliche Unzucht“ vor. Damit waren gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Männern gemeint. Seit 1872 nach § 175 Reichsstrafgesetzbuch mit Gefängnis bedroht, bezog man sich zunächst bei dem Begriff auf „beischlafähnliche Handlungen“. Die Nationalsozialisten verschärften den § 175 im Juni 1935 dahingehend, dass jegliche „Unzucht“ zwischen Männern, sogar gedankliche Beziehungen ohne Körperkontakt, als „Verbrechen“ bestraft werden konnten. Es drohten bis zu zehn Jahre Zuchthaus, in „schweren Fällen“ sogar die Entmannung. Für die Nationalsozialisten galt die Homosexualität als „Untergrabung des natürlichen Lebenswillens“, da sie den „Fortbestand des Volkes“ gefährden könne. Für nationalsozialistische Ärzte war Homosexualität eine Krankheit, die „geheilt“ werden könne. In der Praxis wurden Homosexuelle zumeist in Konzentrationslager eingewiesen, wo sie als Kennzeichen einen rosa Stoffwinkel tragen mussten (politische Häftlinge einen roten, Zeugen Jehovas einen lilafarbenen, „Berufsverbrecher“ einen grünen, „Asoziale“ einen schwarzen).