Paula Billstein
Ritterstraße 189

Stolperstein-Geschichten in Krefeld

Als Politikerin wurde Paula Billstein deportiert

Paula Rothe wurde 1877 geboren. Sie heiratete den aus Issum stammenden Wilhelm Billstein. Als Berufsbezeichnungen finden sich bei ihm „Packer“ oder „Zeitungsbote“. Das Ehepaar bekam drei Kinder: die ältere Tochter Josefine und die jüngeren Söhne Aurel und Wilhelm. Die Familie lebte in einer Genossenschaftswohnung an der Ritterstraße. Die im Viertel ansässigen Arbeiter waren stark in der politischen Linken organisiert. Viele zeigten sich von der Sozialdemokratie enttäuscht, weil die SPD-Abgeordneten im Parlament Kriegskrediten für den Ersten Weltkrieg zugestimmt hatten. Als sich die Unabhängigen Sozialdemokraten formierten, aus denen sich später die Kommunistische Partei Deutschlands bildete, machte die Mehrheit diesen Wandel mit. Schon bald bildete sich ein politisches Milieu aus, in dem nicht nur das politische Engagement beheimatet war, sondern sich das gesamte Leben abspielte. 

Als die Frauen in der Weimarer Republik erstmals in Deutschland politische Kandidaten sein konnten, lies sich Paula Billstein 1924 für die KPD in den Krefelder Stadtrat wählen. Sie setzte sich stark im Bereich der Bildung für alle und für soziale Fragen ein. Schnell wurde sie in der Stadt bekannt und anscheinend auch geachtet. 1933 wäre sie erneut gewählt worden, wenn die NSDAP nicht die KPD verboten hätte. Im Stadtrat rückten die Nationalsozialisten auf die frei gewordenen Plätze nach. Wieder durften ausschließlich Männer politische Entscheidung treffen. 

Die Krefelder Kandidaten für den Reichstag beziehungsweise den preußischen Landtag Max Neumann und Aurel Billstein wurden im März/April 1933 ohne weitere Begründung interniert und in das Konzentrationslager Sonnenburg gebracht. Nach seiner Entlassung im Herbst 1933 fand Aurel Billstein zunächst keine Arbeit. Erneut wurde er für die KPD aktiv. Seine Gruppe wurde verraten und in einem Massenprozess im Krefelder Landgericht verurteilt. Die höchste Strafe – sieben Jahre Zuchthaus – erhielt Aurel Billstein. Die Familie war durch dieses Terrorurteil sehr erschüttert. So eng wie möglich versuchte sie den Kontakt zum Sohn zu halten. 

In einem Brief dachte Paula Billstein ihren Sohn Ende 1937 mit der verdeckt gehaltenen Aussage, dass die Nationalsozialisten schon fast abgewirtschaftet hätten, zu stärken. Dabei wusste sie wohl, dass der Briefverkehr durch die Hände eines Zensors ging. Dieser Zensor gab der Krefelder Gestapo einen Hinweis. Paula Billstein wurde daraufhin verhaftet und in das Frauenkonzentrationslager Moringen gebracht.

Als das Frauen-KZ nach Prettin im heutigen Sachsen-Anhalt verlagert wurde (KZ Lichtenburg), war sie bereits schwer erkrankt. Immerhin wurde sie im Krankenhaus in Torgau medizinisch behandelt. Die Familie wurde verständigt und die Tochter holte die nun sterbenskranke Mutter ab – alles auf eigene Kosten, was der Familie eigentlich gar nicht möglich war. Vier Tage später, am 4. Juli 1938, starb Paula Billstein. Der Trauerzug soll einer politischen Demonstration geglichen haben. 
Aurel Billstein bekam für die Beerdigung seiner Mutter keinen Urlaub aus der Haft. Seinerseits wurde er erst im Juni 1941 entlassen und nur noch im Auftrag der Gestapo beobachtet. Inzwischen brauchte man den ausgebildeten Schlosser. Auch seinen Kriegseinsatz in letzter Stunde überlebte er. Die Familie aber blieb vom Schicksal verfolgt. Ausgerechnet Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion, dem Traumland der Billsteins, versuchten 1945 Josefine Billstein ihr Akkordeon zu stehlen. Dabei wurde sie tragischerweise getötet. 

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