Wann

09/12/2024    
11:00 - 13:00

Veranstaltungstyp

Am Montag den 9. Dezember werden ein weiteres Mal in Krefeld Stolpersteine für Opfer des NS-Regimes verlegt.

Startpunkt ist um 11:00 Uhr an der Roßstraße 243 beim Ehepaar Josef und Hedwig Mahler. Anschließend geht es zur Dreikönigenstraße 77, wo bereits ein Stein für Gertrud Bell liegt und weitere für Waclaw Ryszka und Käthe Thönnissen verlegt werden. Schlusspunkt ist die Friedrich-Ebert-Straße 240 mit einem Stein für Johann Bruster.

Roßstraße 243:
Josef und Hedwig Mahler wurden als jüdisch verfolgt und waren im kommunistischen Widerstand. Sie wanderten 1938 in die Niederlande aus, wo sie eine Druckerei betrieben, die scheinbar auch KPD-Material herstellte. Sie blieben dort auch mit der vorehelichen Tochter Hedwigs in Kontakt, die in Köln bei ihrem Ehemann lebte. Ihnen wurde u.a. auch vorgeworfen, über diese Verbindung andere Widerstandskämpfern nach Köln zu schleusen. Beide wurden zeitweise von den Niederlanden nach Belgien ausgewiesen. 1941 wurden sie unter deutscher Besatzung im Lager Westerbork inhaftiert, von wo aus Josef 1943 nach Deutschland abgeschoben wurde. Er wurde im Düsseldorfer Gefängnis gefoltert, um Informationen für einen Schauprozess in Berlin zu erlangen. Nachdem dies scheiterte, starb Josef Mahler am 01.09.1943 im Gefängnis – angeblich an einem „Herzanfall“. Seine Hedwig Mahler wurde von Westerbork in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sie am 17.09.1943 ermordet wurde.
Die Steine wurden von der Humanitao-Stiftung gespendet, welche die Verlegung gemeinsam mit einer Gruppe des Gymnasium Horkesgath inhaltlich mitbetreuen wird.

Dreikönigenstraße 77:
Hier wohnten die deutschen Frauen Gertrud Bell und Käthe Thönnissen. 1941 kam auch der polnische Zwangsarbeiter Waclaw Ryszka hinzu, mit dem sie sich anfreundeten. Sie gingen verbotenerweise mit ihm aus, Gertrud Bell fing wohl auch eine Beziehung zu ihm an. Sie wurden von ihren Hausnachbarn bei der Gestapo denunziert, da privater Kontakt zu polnischen Menschen verboten war. Polen, denen Geschlechtsverkehr mit deutschen Frauen vorgeworfen wurde, sollten nach NS-Richtlinien „sonderbehandelt“, das heißt hingerichtet, werden. Ryszka wurde am 14.01.1942 im Hülser Bruch öffentlich exekutiert. Die beiden Frauen wurden in das KZ Ravensbrück und weiter in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Gertrud Bell starb dort am 02.02.1943, Käthe Thönnissen kam erst im August 1944 wieder nach Ravensbrück, wo sie am 10.02.1945 entlassen wurde. Sie lebte danach in Krefeld und sagte 1968 in einem Mordprozess gegen den NS-Beamten Bernhard Baatz aus, der für die Tötungen der polnischen Zwangsarbeiter hauptverantwortlich war.
Die Steine wurden von Privatpersonen und einer ukrainischen Lerngruppe in der Freien Evangelischen Gemeinde gespendet, die ebenfalls die inhaltliche Begleitung übernehmen werden.

Friedrich-Ebert-Straße 240:
Johann „Hans“ Bruster war ein Arbeiter, dem 1937/38 innerhalb von 12 Monaten fünf Mal Verstöße gegen das „Heimtückegesetz“ vorgeworfen wurden. Dieses Gesetz verbot das Verächtlichmachen und Beleidigen der NSDAP, ihrer Funktionäre und Symbole, usw.
Er wurde im Januar 1938 nach drei dementsprechenden Vorfällen zu 6 Wochen Gefängnis verurteilt. Als er im August 1938 erneut verhaftet wurde, stellte ein Sondergericht in Düsseldorf das Verfahren ein, das Amtsgericht Krefeld verurteilte ihn wegen „Groben Unfugs“ zu erneuten 6 Wochen Gefängnis. Nun aber nahm ihn die Gestapo in „Schutzhaft“ und brachte ihn in das KZ Buchenwald, wo er bis Dezember 1942 einsaß und schwere Arbeit verrichten musste. Er wurde letztendlich im August 1943 von der Krefelder Gestapo entlassen, weil er im Gegenzug zur Wehrmacht einberufen wurde. Bruster überlebte den Krieg und erhielt aufgrund seiner bleibenden körperlichen Verletzungen und seiner finanziellen Notlage Entschädigungszahlungen. Johann Bruster starb 1978 in Krefeld.
Der Stein wurde von einer Privatperson gespendet. Die inhaltliche Begleitung wird ebenfalls von einer Krefelder Schule übernommen, die Detailplanung hierzu ist zum Zeitpunkt der Pressemitteilung noch nicht abgeschlossen.