Abschlussbericht zum Briefnachlass Heinrich Plum

Von Rene Lehmann

Anfang des Jahres 2017 erhielt die NS Dokumentationsstelle Krefeld einen rund 650 Seiten umfassenden Briefnachlass von Heinrich Plum (* 06. Oktober 1903 in Oppum, † 24./25. August 1950 in Krefeld). Rene Lehmann erforschte diesen Briefnachlass. Sein Abschlussbericht ist nun veröffentlicht.

Wer war Heinrich Plum?

Als Mitglied der Kommunistischen Partei wurde er im März 1933 in die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Krefeld berufen. Doch mit dem nur wenige Tage später verabschiedeten Ermächtigungsgesetz begann der radikale Umbau des politischen Systems der Weimarer Republik. Innerhalb kürzester Zeit ging das neue Regime mit besonderer Härte gegen die KPD vor. Parteiverbote, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen bestimmten den Alltag der Kommunisten.
Heinrich Plum saß daraufhin in »Schutzhaft«, wurde aber im September 1933 wieder freigelassen. Neun Monate später, im Juni 1934, kam es aber zu einer erneuten Verhaftung. Plum hatte sich, sowie 25 weitere ehemalige KPDler, an einer illegalen Weiterführung der örtlichen Partei beteiligt. In einem Großprozess wurde er wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu mehreren Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Verbüßung der Haftstrafe kam er ins KZ Buchenwald, wo er bis zur Befreiung des Lagers überlebte. Schwer gezeichnet von einer fortgeschrittenen Arthritis-Erkrankung und der langen Haftzeit war er vollständig gelähmt und verstarb im August 1950.

Was macht den Nachlass besonders?

Bei der ersten groben Durchsicht des Bestandes fielen folgende Dinge auf: Der Nachlass unterteilt sich in ausschließlich handschriftliche Tagebucheinträge und teils maschinenschriftliche Korrespondenzen. Unter den Briefpartnern fanden sich lokale Parteimitglieder (Walter Winters, Alfred Ingenhag, Aurel Billstein, Kurt und Liese Ferber, Hanne Spitmann, …), aber auch Parteimitglieder der sowjetisch besetzten Zone (Eugen Ochs, Robert Siewert, Rudolf Hirsch, …). Zu guter Letzt fiel der sehr kurze Zeitrahmen des umfangreichen Nachlasses auf, denn alle Briefe und Tagebucheinträge erstrecken sich, abgesehen von sieben Briefen aus der Haftzeit, auf die Jahre 1946 bis 1950.

Mit welchen Erwartungen gingen wir an die Aufarbeitung?

In der Ersteinschätzung ergab sich damit ein umfassender, zeitlich kompakter Nachlass zur lokalen wie überregionalen KPD-Geschichte. Demnach waren die Erwartungen der NS-Dokumentationsstelle an den Briefnachlass sehr hoch, denn die Aufarbeitung der KPD-Geschichte nach 1945 ist mehr als lückenhaft.

Anfang der 1970er Jahre hatte bereits Aurel Billstein, KPD-Mitglied und Weggefährte Plums, versucht die Verfolgungszeit und Umbruchszeit in Krefeld aufzuarbeiten. Er sicherte sich die Unterstützung des Bundes der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und der jüdischen Gemeinde Krefeld für seine Studien. Doch sein 1973 veröffentlichtes Buch »Der eine fällt, die anderen rücken nach …« bleibt nur eine äußerst punktuelle und zuweilen sehr emotionale Darstellung der Ereignisse. 19 Jahre später knüpfte die NS-Dokumentationsstelle an die Arbeiten von Aurel Billstein an und publizierte mit den »Billstein Briefe(n) 1933 -1945« eine Aufarbeitung der Familiengeschichte während der Nazizeit. Aber auch hier gelang es nicht, die Erlebnisse der Familie Billstein in einen größeren Kontext einzubetten.

Woher diese Forschungslücke kommt, lässt sich nicht so einfach beantworten. Die Gründe dafür mögen unter anderem an einer Berührungsangst der damaligen KPD-Mitglieder mit öffentlichen Stellen liegen. Die traumatischen Erfahrungen mit dem NS-Staat und eine äußerst kritische Haltung gegenüber der Bundesrepublik, die mit dem umstrittenen Parteiverbot 1956 nochmal verschärft wurde, machte es lange Jahre sehr schwierig, gesprächsbereite Zeitzeugen zu finden. Darüber hinaus gab es innerhalb der KPD viele Streitigkeiten um zentrale Themen, wie den Umgang mit der Lagervergangenheit, der SPD, der SED, der innerdeutschen Teilung, der Sowjetunion und der Person Stalins, die zu enormen Flügelkämpfen führten. Dies schuf immer wieder personelle Veränderungen in der Partei und langanhaltende Ressentiments, sodass bestimmte Personengruppen der KPD nicht einmal mehr bereit waren miteinander zu reden. Daneben existierten Publikationen zum Arbeiterwiderstand im NS, die aus der DDR stammen und politisch so gefärbt sind, dass sie keiner wissenschaftlichen Prüfung standhalten.
Die NS-Dokumentationsstelle setzte sich daher das Ziel, anhand des Briefnachlasses von Heinrich Plum einen größeren Beitrag zu Aufarbeitung der lokalen KPD-Geschichte zu leisten.

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