
Grave (NL)
Das Denkmal mit dem Fallschirm
Das Denkmal mit dem Fallschirm erinnert an das Ende der deutschen Besatzung in Grave im September 1944. Die Brücke über die Maas spielte dabei eine wichtige Rolle.
Die heutige Brücke stammt aus dem Jahr 1929. 1936 wurde beschlossen, auf der linken Seite der Maas Bunker zu bauen, falls man die Brücke verteidigen müsse. Links von der Bundesstraße steht die Kasematte Süd, und etwas weiter, auf dem Deichvorland, die Kasematte Nord. Beide sind vom Bunkertyp „Stachelschwein“. Für niederländische Verhältnisse waren sie schwer bewaffnet, zum Beispiel mit einem 5-cm-Panzerabwehrgeschütz. Die Kasematte Süd ist mit einem schwarz-weißen Muster bemalt, das zusätzliche Schießlöcher und Geschütze vortäuschen soll.
Als Hitler-Deutschland am 10. Mai 1940 in die Niederlande einfiel, sprengten niederländische Truppen Teile der Brücke. Sie wurde dann von den deutschen Besatzern wieder repariert. Für die alliierte Operation „Market Garden“ wurde die Maasbrücke im September 1944 wichtig, damit die britischen Bodentruppen in Richtung Deutschland vorrücken konnten.
Von den amerikanischen Fallschirmjägern, die die Deutschen vertreiben sollten, landete Leutnant John S. Thompson mit seinen Männern der Brücke am nächsten. Sie konnten den Überraschungseffekt voll ausnutzen und eroberten die Bunker im Handstreich. Auch auf der nördlichen Seite gelang den Amerikanern die Einnahme der unzerstörten Brücke.
Der Fallschirm aus Aluminium ist ein Symbol dieser Befreiungsoperation. Das Denkmal wurde zum 50. Jahrestag des Luftlandunternehmens (1994) aufgestellt. Die Brücke benannte man 2004 nach John S. Thompson.
Das Denkmal mit dem Fallschirm in Grave
Auf dem Mars- und Whijtdijk in der Nähe der Maasbrücke bei Grave steht ein kleines Denkmal. Ein stilisierter Fallschirm aus Aluminium, der auf einer Stele balanciert, ist erkennbar. An einer Seite befindet sich eine Tafel, auf der die Symbole dreier Armeeeinheiten zu sehen sind: der 82. Luftlandedivision („All Americans“), des britischen 30. Korps und der niederländischen Prinzessin-Irene-Brigade. Eine Gedenktafel gibt eine Erklärung in niederländischer Sprache.
Die Ortschaft Grave hat seit fast 800 Jahren die Stadtrechte. Als Festungsanlage ist sie sogar noch älter. Eine Befestigung war an dieser Stelle auch dringend nötig, denn man könnte Grave mit einigem Recht als Frontstadt bezeichnen. Im Mittelalter befanden sich die Herzöge von Geldern und von Brabant in einer Art Dauerkonflikt. Grave lag an der Grenze der beiden Herzogtümer und konnte massive Stadtmauern gut brauchen, wenn die Streithähne wieder übereinander herfielen. Im 16. und 17. Jahrhundert fochten Holland und Spanien den 80-jährigen Krieg aus. Grave wurde einige Male für längere Zeit von den Spaniern besetzt und ebenso oft von den aufständischen Holländern wieder befreit.
Nach dem 17. Jahrhundert blieb es einige Zeit ruhig. Grave erlebte eine wirtschaftliche Blütezeit, weil es verkehrsgünstig an der Maas und an der Verbindung zwischen Herzogenbusch und Nimwegen liegt. 1929 wurde im Rahmen des Straßenneubaus die heutige Brücke errichtet. Sie besteht aus neun großen Bögen, die auf Steinpfeilern ruhen. Auf der einen Seite ist sie blau, gelb und schwarz, den Farben der Provinz Geldern, gestrichen. Bis zur anderen Seite geht die Bemalung in rot und weiß über, den Farben der Provinz Brabant.
Wenn man am Ufer entlang schaut, sieht man das Pumpwerk „Van Sasse“. Es wurde zur gleichen Zeit wie die Brücke gebaut. Damals zeigten sich die Niederlande noch auf der Höhe ihrer wasserbaulichen Ingenieurskunst. Die Pumpstation leitet das Wasser, das aus dem Gebiet „de Peel“ kommt, über das Flüsschen Raam kontrolliert in die Maas ein. Peel? Raam? Tatsächlich sieht man rechts von dem Gebäude den Anfang der Peel-Raamstellung, der wichtigsten Verteidigungslinie in den südlichen Niederlanden. Sie wurde angelegt, um dem deutschen Angreifer aus dem Osten Widerstand entgegensetzen zu können.
Nun stammt die Peel-Raamstellung aus dem Jahr 1939. Aber in den Niederlanden ist mit dem Bau von Verteidigungsanlagen für Brücken schon früher begonnen worden. Wenn man nach dem Baujahr sucht, findet man meist das Jahr 1936. So ist es auch hier. Die Kasematte Nord liegt, wie die Kasematte Süd, am linken Ufer der Maas, etwas rechts von dem Pumpwerk. Beide sind größere Versionen des Bunker-Typs „Stachelschwein“, der in der Gegend hier üblich war. Davon gibt es in den ganzen Niederlanden nur noch 14 Stück. Sie sind von ihren kleineren Brüdern deutlich zu unterscheiden: es gibt mehrere Stockwerke und – man sieht es an den großen Schießlöchern – sie waren mit stärkeren Waffen ausrüstbar. In diesen Bunkern standen 5-cm-Panzerabwehrkanonen und Maschinengewehre, die, für niederländische Verhältnisse, ausreichend starke Munition hatten.
Die Kasematte Süd ist außerdem auffallend bemalt. Das entspringt nicht dem Willen zur Kunst, sondern ist eine Nachahmung des ursprünglichen Anstrichs. Er täuscht aus der Ferne zusätzliche Schießlöcher und Geschütze vor. Man hatte also einiges getan, damit die Brücken nicht in falsche Hände gerieten. Aber es war doch zu wenig, um gegen einen gut ausgebildeten deutschen Angreifer etwas ausrichten zu können.
Am 10. Mai 1940 fiel Hitlers Armee in die Niederlande ein. Niederländisches Militär, das ein Stück weiter an der Schleuse von Heumen lagerte, hielt die deutschen Soldaten gerade lang genug auf, dass die Brücke von Grave nicht unzerstört preisgegeben werden musste. Die Niederländer sprengten zwei Brückenbögen und so war den Deutschen dieser Weg versperrt – die Maas übrigens auch, denn die Trümmer blockierten die Fahrrinne.
In den Kriegsjahren ließen die Deutschen die Brücke reparieren, so dass die Straße und der Wasserweg wieder zu benutzen waren. Die deutsche Besatzung währte hier genau vier Jahre und einhundertunddreißig Tage. Sie endete recht plötzlich, als hier in der Gegend amerikanische Fallschirmjäger landeten. Die Amerikaner waren außergewöhnlich erfolgreich. Sie gehörten zu der berühmten 82. Luftlandedivision. Ihr Absprung in diesem Gebiet war Teil der „Operation Market Garden“, die am 17. September 1944, einem Sonntagabend, begann.
Die Operation der Alliierten bestand grob gesagt aus zwei Teilen. Mit Hilfe von Luftlandetruppen sollten in kürzester Zeit acht Brücken auf der Marschroute zwischen Lommel und Arnheim besetzt werden. Dann sollte das 30. britische Korps unter Generalleutnant Brian-G. Horrocks möglichst schnell vorrücken. Ziel war es, alle großen Flüsse, die auf dem Weg nach Berlin quer lagen, in schneller Folge zu überqueren und feste Brückenköpfe zu bilden. Bei der Einnahme der Maasbrücke klappte das, wie gesagt, überraschend gut.
Die amerikanischen Fallschirmjäger von der E(asy) Company kamen früh am Abend mit elf Flugzeugen in die Nähe des Zielortes. Aber die meisten sprangen ein wenig zu früh und landeten zu weit südlich. Damit drohte der Vorteil der Überraschung des Gegners verloren zu gehen. Leutnant John S. Thompson sah das kommen. Er befahl seinen Leuten den Ausstieg aus dem Flugzeug leicht zu verzögern.
Er und seine Männer landeten schließlich sechs-, siebenhundert Meter auf dem Deichvorland ein wenig hinter dem Pumpwerk „Van Sasse“. Der Rest ist Helden-Geschichte. Sie eroberten zunächst die Pumpstation und schossen dann mit einer Bazooka, einer raketenangetriebenen Antipanzerwaffe, auf die deutschen Geschütze, die auf den beiden Kasematten standen. Das ging so schnell, dass die völlig fassungslosen deutschen Soldaten nicht einmal mehr dazu kamen, ihre Geschützrohre in die richtige Richtung zu drehen. Der Kampf war kurz und heftig. Den Amerikanern fiel so der südliche Zugang zur Brücke in die Hände.
Bei der nördlichen Brückenrampe brauchten die Fallschirmjäger etwas länger. Auch sie waren aber erfolgreich. Zwei Tage später konnte General Horrocks mit seinen Truppen die Brücke passieren. Danach übernahm die niederländische Prinzessin Irene Brigade die Bewachung. Dieser Teil der Niederlande war befreit.
Das Denkmal mit dem Aluminium-Fallschirm wurde 1994 aufgestellt. Die Brücke bekam 2004 einen neuen Namen. Als Ehrbezeugung für den kühnen Leutnant und seine Männer benannte man sie nach John S. Thompson.
Hier finden Sie den Sprechtext „Das Denkmal mit dem Fallschirm in Grave“.
Sprecher: Wolfgang Reinke
Autor: Erik van den Dungen
Übersetzerin: Dr. Ingrid Schupetta
Dieser Text darf zu privaten Zwecken gerne kopiert werden. Zur Veröffentlichung an anderer Stelle ist das Einverständnis des Autors einzuholen.