Straelen-Herongen
Der Hangar als Skelett
In der Nähe der vielbefahrenen Landstraße zwischen Straelen-Herongen und Nettetal ragen gebogene Stahlträger in die Luft . Sie erinnern unwillkürlich an das Skelett eines gestrandeten Wals. Tatsächlich handelt es sich um die Reste eines Hangars. In ihm waren während des 2. Weltkrieges deutsche Kampfflugzeuge, so genannte Nachjäger, untergebracht. Die Halle ist heute ein Denkmal, weil man an ihr die für 1940 sehr moderne Konstruktion noch gut erkennen kann.
Damals wurde im Auftrag der Luftwaffe ein riesiger Flughafen mit mindestens hundert Gebäuden, Verbindungsstraßen und Rollfeldern angelegt. Er war speziell für nächtliche Flüge eingerichtet, weil die aus Richtung Westen anfliegenden alliierten Flugzeuge meist des Nachts angriffen.
Vom deutschen Militär wurde der Flughafen im September 1944 aufgegeben. Nachdem die Alliierten den Fliegerhorts noch kurze Zeit genutzt hatten, ist der Flugbetrieb wieder auf zivile Maße geschrumpft. Im Naturschutzgebiet „Grote Heide“ starten und landen seit 1945 nur noch Segelflieger.
Der Hangar als Skelett - bei Straelen-Herongen
Befährt man die Bundesstraße 221 im Südwesten des Kreises Kleve, so entdeckt man – mit etwas Glück – in einem Waldstück die Überbleibsel eines großen Gebäudes, die unwillkürlich an die Rippen eines riesigen, gestrandeten Wals erinnern. Es sind die freiliegenden Stahlbetonträger einer ehemaligen Rundbogenhalle. Einst war sie als Hangar gebaut worden, um Kampfflugzeuge, so genannte Nachtjäger, aufzunehmen. Was Sie hier schemenhaft erkennen, sind bauliche Reste eines der größten Fliegerhorste im deutsch besetzten Westeuropa während des Zweiten Weltkrieges.
Das Gelände „Groote Heide“ östlich von Venlo diente schon ab Mitte des 19. Jahrhunderts der niederländischen Armee zu Übungszwecken. 1913 wurde hier ein erster Hilfsflugplatz angelegt. Nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Niederlande im Jahre 1940 entschloss sich die deutsche Luftwaffenführung, im Westen eine Reihe von Flugplätzen zu errichten. Von hier aus sollte das Reichsgebiet vor feindlichen Bomberangriffen geschützt werden.
Zur Sicherung des Ruhrgebiets mit seinen wichtigen Rüstungsfabriken wurde ab dem Oktober 1940 durch niederländische Bauunternehmen und tausende von Arbeitern der kleine Venloer Flugplatz zu einem riesigen Nachtjagd-Flughafen ausgebaut. Das rund 1.800 Hektar große Gelände befand sich ungefähr mittig dies- und jenseits der Grenze. Drei befestigte Start- und Landebahnen wurden angelegt. Im Auftrag der Luftwaffe wurden mehr als 48 Kilometer Straße gebaut, um die 99 Flugzeug- und eine Werfthalle sowie die sonstigen Gebäude miteinander zu verbinden.
Da die britischen Bomberverbände hauptsächlich nachts eingesetzt wurden, entwickelte man auf deutscher Seite spezielle Nachtjagdverfahren. Hierzu wurden hauptsächlich zweimotorige Flugzeuge eingesetzt, die zwei Mann Besatzung hatten. Mit Hilfe der Funkmeßtechnik und – später von Radar-, konnten sie die britischen Flugzeuge auch in der Dunkelheit ausmachen. Bis etwa Mitte des Jahres 1943 erzielte die deutsche Nachtjagd große Erfolge. Dann war das Material erschöpft. Es fehlte außerdem an ausgebildeten Piloten.
Gleichzeitig änderten die Alliierten ihre Angriffstaktik. Es wurden nicht mehr mit wenigen Flugzeugen genau definierte Ziele angegriffen, sondern mit hunderten von Bombern ganze Städte. Dagegen konnten die deutschen Flieger nur noch wenig ausrichten.
Im März 1941 wurde auf dem Fliegerhorst Venlo die erste Gruppe des Nachtjagdgeschwaders 1 stationiert. Sie blieb dort bis zum September 1944. Hauptsächlich wurden Maschinen des Typs Messerschmitt Bf 110 eingesetzt, des erfolgreichsten deutschen Nachtjägers. Daneben starteten von Venlo aus Nachtjäger des Typs Heinkel He 219. Dies war das einzige deutsche Flugzeug, das speziell als Nachtjäger konzipiert worden war. Deren erster Einsatz wurde legendär, als Major Werner Streib, der Gruppenkommandeur in Venlo, in der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1943 mit seiner relativ kleinen Maschine fünf große Bomber der Royal Air Force zerstörte. Insgesamt wurden von Piloten des Fliegerhorstes 585 alliierte Maschinen abgeschossen.
Bemerkenswert sind aber auch noch die Einsätze des Raketenjägers Messerschmitt Me 163 vom Fliegerhorst Venlo aus, sowie die Stationierung von Bombern des Typs Heinkel He 111, die als Trägerflugzeug für die Flugbombe V 1 fungierten und ab Juli 1944 über vierhundert V-Waffen gegen England abfeuerten. Dort verbreiten sie vor allem unter der Zivilbevölkerung Angst und Schrecken. Militärisch war das gänzlich nutzlos.
Ein anderes Kapitel ist der Einsatz von Häftlingen des niederländischen Konzentrationslagers Herzogenbusch in Venlo. Das KZ Herzogenbusch war das zentrale SS-Lager in den Niederlanden. Hier wurden vor allem politische Häftlinge und Mitglieder des niederländischen Widerstandes festgehalten. Für 12.000 Juden wurde das KZ Herzogebusch die letzte Station vor der Deportation in den Osten.
Nachdem im August 1943 der Entschluss gefasst worden war, die Flugplätze der Luftwaffe in den Niederlanden zu erweitern, wurde in Venlo ein Außenkommando des KZ Herzogenbusch eingerichtet. Hunderte von KZ-Insassen mussten unter kaum beschreibbaren Bedingungen lebensgefährliche Arbeiten verrichten. Das Außenkommando Venlo galt als „Himmelsfahrtskommando“, da die Menschen den häufigen alliierten Luftangriffen schutzlos ausgesetzt wurden. Fünf KZ-Häftlinge kamen auf dem Fliegerhorst ums Leben.
Das Gelände wurde im September 1944 von den Deutschen verlassen. Am 5. oder 6. September verbrachte man die verbliebenen KZ-Häftlinge über Grefrath im Kreis Kempen in das Konzentrationslager Sachsenhausen.
Der Schrecken, den die SS verbreitete, war mit der Räumung des Fliegerhorstes noch nicht zu Ende. Im Oktober und November 1944 wurden auf dem Flugplatzgelände mehrere Widerstandskämpfer hingerichtet, die in der Provinz Limburg verhaftet worden waren.
Nach der Befreiung Venlos, am 1. März 1945, richteten die Alliierten den Flugplatz provisorisch her. Er wurde von amerikanischen Flugzeugverbänden benutzt. Im September 1945 wurde der Militärflughafen dann endgültig aufgegeben. Millionen von Backsteinen aus den Start- und Landebahnen benutzten die Anwohner zum Wiederaufbau. Lediglich ein Teil des Flugfeldes blieb erhalten und dient seitdem als Segelfluggelände.
Hier finden Sie den Sprechtext „Der Hangar als Skelett“.
Sprecher: Wolfgang Reinke
Autor: Burkhard Ostrowski
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Weiterlesen:
Ein ausführlicher Text und Fotos finden sich auf der Seite: www.fliegerhorst-venlo.net. Dort sind auch die Termine für geführte Rundgänge/fahrten zu erfahren.
Rheinischen Landesamt für Bodendenkmalpflege (Hg.): Der Westwall. Vom Denkmalswert des Unerfreulichen, Köln 1997, S. 297 und folgende
Hub Groenveld, Vliegveld Venlo: van bevrijding tot ontmanteling, Venlo 2005
Ludger Peters, Der Einsatz von KZ-Häftlingen auf dem Fliegerhorst Venlo 1943/44, in: Heimatbuch des Kreises Viersen 2004