Niederkrüchten-Blonderath

Der Westwallbunker

Am Ende einer kleinen Stichstraße und durch Gehölz nahezu verdeckt steht ein Denkmal der besonderen Art. Es handelt sich um den nördlichsten noch erhaltenen Bunker des sogenannten Westwalls. Der kleine Bunker war Teil eines ganzen Bunkersystems, das durch Gräben und Telefonleitungen verbunden war.

Dieser Bunkertyp bot in zwei sehr engen Räumen Quartier für 14 Soldaten. Separat zugänglich war ein Kampfraum mit zwei Schießscharten, die nach Norden und Westen ausgerichtet waren. Hier gab es Maschinengewehre. Ob gerade dieser Bunker je wirklich in Kampfhandlungen einbezogen war, weiß man nicht mehr.

Nach dem Krieg konnte er nicht gesprengt werden, weil dadurch die Häuser in der Nachbarschaft in Mitleidenschaft gezogen worden wären. Seit Jahrzehnten ist er durch ein Haus umbaut und beherbergt er eine Ortsgruppe des Christlichen Vereins junger Menschen.

Der Westwallbunker

An der Landstraße 126, die von Niederkrüchten nach Wegberg führt, liegt in der Gemarkung Blonderath ein Gebäude, das seit 1952 von dem CVjM Willich-Anrath als Freizeitheim genutzt wird. Ursprünglich wurde es aber für ganz andere Zwecke errichtet. Es handelt sich nämlich um einen überbauten Bunker des Typs „Regelbau 10a“. Die Originalversion wurde 1938 westlich der Schwalm als Teil des Westwalls gebaut.

Der Westwall war ein Verteidigungssystem, das seit 1938 in mehreren Bauabschnitten erstellt wurde. Der Bunker in Blonderath stammt aus dem sogenannten Limesprogramm, das sich seit dem Juni 1938 dem ersten Bauabschnitt, dem „Pionierprogramm“ zeitlich anschloss. Hauptsächlich wurden im „Limesprogramm“ Mannschaftsbunker gebaut, insgesamt rund 5000 der Typen 10 und 10a.

Der „Regelbau 10a“ war 7,60 m X 13,80 m groß und hatte eine Wand- und Deckenstärke von 1,5 m. Zwei Zugänge führten über eine Gasschleuse in zwei Mannschaftsräume, die mit je sieben Betten ausgestattet waren. Der Bunker war für eine Besatzung von vierzehn Mann ausgerichtet, die allerdings sehr beengt untergebracht waren. Angeschlossen an diese Unterkünfte gab es noch einen Kampfraum mit eigenem Zugang. Er war mit zwei Schießscharten versehen, in die Maschinengewehre vom Typ MG 34 eingesetzt werden konnten. Die Scharten hatten die Form eines liegenden Rechtecks und waren jeweils in Richtung Norden und Westen ausgerichtet. Wenn man um das Gebäude herumgeht, sieht man eine mit Glasbausteinen vermauerte Öffnung. Das war eine der Schießscharten.

Der Bunker in Blonderath trug die Nummer 107 und war Teil eines Befestigungssystems von 23 Bunkern im Umkreis von einem Kilometer. Es war die am stärksten ausgebaute Stellung des Westwalls nördlich von Wassenberg. Die Bunker und Unterstände waren durch Laufgräben und Telefonleitungen verbunden. Die Befehlsstelle lag in 1,5 Kilometer Entfernung in einem Bunker in Lüttelforst.

Im August 1939 wurden die Anlagen mit Soldaten besetzt, die man aber nach dem Ende des Westfeldzuges im Jahre 1940 wieder abzog. Nachdem dann die Amerikaner am 13. September 1944 den Westwall bei Aachen durchbrochen hatten, wurde kurz darauf bereits die Zivilbevölkerung im Westen des damaligen Kreises Kempen – Krefeld evakuiert. Danach wurden dann zumeist durch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter Panzergräben ausgehoben und die Stellungen wieder hergerichtet. In die Bunker zogen Soldaten ein, vielfach aber nur Ersatz- und Reservekräfte, die nun den Angriff der alliierten Truppen erwarteten.

Am 23. Februar 1945 begannen die US-amerikanischen Truppen mit der Operation „Grenade“. Ihr Ziel war es, sich mit den aus Richtung Kleve kommenden Briten und Kanadiern zu treffen und dann über den Rhein zu setzen. Drei Armeen stießen innerhalb weniger Tage über die Rur (die nicht zu verwechseln ist mit dem Fluss im Ruhrgebiet) in Richtung Norden und Osten vor. Der Westwall wurde dabei umgangen und spielte im Kampfgeschehen keine wesentliche Rolle mehr, zumal sich die deutschen Truppen sehr schnell in Richtung Rhein absetzten.

Im Gebiet um Blonderath kam es zu einzelnen Gefechten. Besonders in Merbeck und Tetelrath leisteten einzelne deutsche Soldaten hartnäckigen Widerstand. Am 27. Februar marschierten die US-Amerikaner hier jedoch ein und noch am gleichen Tag setzten sie etwas weiter nördlich bei der Lüttelforster Mühle über die Schwalm. Somit war der Krieg bei Blonderath zu Ende.

Um militärische Gefahren für die Zukunft auszuschließen, wurden die Anlagen des Westwalls nach dem 2. Weltkrieg von der britischen Besatzungsmacht gesprengt. Frei im Feld stehende Bunker zerstörte man mit Dynamit. Einige wenige, zum Beispiel dieser, blieben jedoch erhalten Sie standen zu nah an Wohngebäuden. Deswegen konnten nur weniger starke Sprengsätze verwendet werden.

Der Bund als Eigentümer der Bunkeranlagen ließ dann in den 1950er und -60er Jahren die Reste des Westwalls aufwändig entfernen, um im Zuge der Flurbereinigung Platz für Ackerflächen zu schaffen. Immerhin wurden die Kosten für die Entfernung auch nur eines Bunkers Anfang der 1960er Jahre mit 10 0000 bis 30 000 DM angesetzt.

Heute gibt es in Nordrhein-Westfalen nur noch circa 30 unzerstörte Bunker des Westwalls. Mittlerweile hat aber auch hier ein Umdenken eingesetzt. Die erhalten gebliebenen Reste gelten nun als historische Mahnmale und wurden unter Denkmalschutz gestellt. Der Bunker 107 bei Blonderath wurde im Dezember 2005 in die Denkmalliste der Gemeinde Niederkrüchten aufgenommen und ist seitdem das nördlichste, unter Denkmalschutz stehende, erhaltene Bauwerk des Westwalls.

Hier finden Sie den Sprechtext „Der Westwallbunker“.

Sprecher: Wolfgang Reinke
Autor: Burkhard Ostrowski
Dieser Text darf zu privaten Zwecken gerne kopiert werden. Zur Veröffentlichung an anderer Stelle ist das Einverständnis des Autors einzuholen.

Weiterlesen:
Manfred Gross, Der Westwall im Kreis Viersen – Verlauf der Stellungen und verwendete Regelbauten, in: Heimatbuch des Kreises Viersen 1981, 32. Folge, Viersen 1980.

Ludwig Hügen, Der Krieg geht zu Ende. Niederrheinische Berichte zur Operation Grenade 1945 (= Schriftenreihe des Kreises Kempen-Krefeld, Bd. 18), Kempen 1974.

Der Westwallbunker
Blonderath 9
41372 Niederkrüchten
Öffnungszeit: Kann von der Straße aus jederzeit gesehen werden.

Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Der Schnellbus 83 fährt von Mönchengladbach / Europaplatz bis Niederkrüchten unter Woche tagsüber im Stundentakt, sonntags allerdings nie. Aussteigen ist möglich an der Lüttelforster Mühle oder der Haltestelle Silverbeek. Dann muss allerdings noch eine kleine Wanderung eingeplant werden.