Afferden (NL)

Die Schlossruine Bleijenbeek

Obwohl viele Niederländer jenseits der großen Flüsse andere Erwartungen hatten, kamen die Alliierten im Herbst und Winter 1944/45 nur stockend voran – wenn überhaupt. Ursache waren Nässe und Kälte. Die relative Ruhe an der niederländischen Front gab den Alliierten die Gelegenheit, ihre Streitkräfte zu verstärken. Danach wurde am 8. Februar 1945 auf breiter Front eine Offensive in Richtung Rheinland begonnen. Ziel war es, den strategisch wichtigen Rhein zu erreichen. Für die Deutschen war der Rhein schon immer eine natürliche Verteidigungslinie gewesen. Außerdem war der Rhein eine unentbehrliche Transportroute für die deutsche Kriegsindustrie.

Die Frontlinie der Alliierten war über 100 Kilometer lang. Im Norden kämpften die Briten und die Kanadier und mehr in Richtung Süd-Limburg waren es die Amerikaner. Zu den britischen Truppen gehörte die 52. schottische Division, die ihren Weg über das Dorf Afferden nahm. Es war von den Einwohnern vollständig geräumt worden. Aber inzwischen hatten sich deutsche Fallschirmjäger in der Nähe verschanzt und so gab es aus dem Schloss Bleijenbeek unerwartet heftigen Widerstand.

Die schottischen Soldaten schafften es selbst mit der Hilfe von Panzern nicht, die deutschen Fallschirmjäger aus dem Schloss zu vertreiben. Mehr noch, sie mussten sich selbst zurückziehen und neu formieren. Man beschloss, um Unterstützung aus der Luft zu bitten. Typhoon-Jagdbomber verwandelten das alte Schloss mit 22 schnell aufeinanderfolgenden Volltreffern in einen Trümmerhaufen. Der Widerstand war gebrochen. Aber bis auf den heutigen Tag ist die Ruine von Schloss Bleijenbeek ein Erinnerungszeichen für die enormen Kriegsschäden gerade in dieser Region.

Die Schlossruine Bleijenbeek bei Afferden

Ende 1944 war ein großer Teil der südlichen Niederlande befreit. Die Besatzer hatten sich auf das nördliche und östliche Ufer der Maas zurückgezogen. Dort ließ die Befreiung noch auf sich warten.

Der Winter 1944/45 war ungewöhnlich kalt. Wege und Straßen waren vereist. Ausgerechnet während dieser Witterungsbedingungen gaben die Deutschen einen Evakurierungsbefehl. Die Bevölkerung musste sich überall sammeln, um irgendwo anders in den besetzten Gebieten nach einer Bleibe zu suchen. Das führte zu langen, elenden Flüchtlingsströmen über deutschen Boden in Richtung nördliche Niederlande. Die meisten Menschen waren zu Fuß unterwegs. Sie wurden zu dieser großen Strapaze gezwungen. Im Ergebnis gelangten sie nur in Gebiete, die wenige Monate später doch befreit wurden.

Obwohl viele Niederländer jenseits der großen Flüsse andere Erwartungen gehabt hatten, kam der Vormarsch der Alliierten im Herbst/Winter nur schleppend voran. Es lag an dem nassen Herbst und dem kalten Winter. Zeitweise gab es einen völligen Stillstand und es war wie in Nordfrankreich im Ersten Weltkrieg. Die Soldaten gruben sich nahezu in Sichtweite voneinander ein, gelegentlich schoss man aufeinander. Trotzdem sprach man in diesem Gebiet aus militärischer Sicht von einer ruhigen Lage.

Nun gab es auch in den Wintermonaten Scharmützel zwischen den Kriegsgegnern, aber die beschränkten sich vor allem auf gelegentliche Schusswechsel über die Maas hinweg. Aber das waren eher Scheingefechte, als dass die Alliierten tatsächlich Anstalten machten, den Vormarsch fortzusetzen.

Ein paar hundert Kilometer südlich sah die Sache ganz anders aus. Im Dezember entwickelte Hitler neue Angriffspläne. Um den Jahreswechsel herum wurde in den Ardennen heftig gekämpft. Das band insbesondere die amerikanischen Kräfte. Die so genannte Ardennen-Offensive war das letzte Aufbäumen der Wehrmacht. Danach ging es nur noch um Verteidigung und Rückzug.

Die Kampfpause in den Niederlanden war eine gute Gelegenheit für die alliierten Truppen, sich mit Nachschub zu versorgen. Denn der nächste Kraftakt lag vor ihnen: das Vorrücken auf deutschen Boden.

In der Nähe von Nimwegen wurde eine große Anzahl Soldaten zusammengezogen. Von dort aus begann am 8. Februar der Vormarsch in Richtung Rheinland auf breiter Front. So schnell wie möglich sollte der Rhein erreicht werden. Er war in mehrfacher Hinsicht von strategischer Bedeutung. Zum Einen bildete er für die Deutschen eine natürliche Verteidigungslinie, zum Anderen war er immer noch eine wichtige Verkehrsverbindung. Auf dem Fluss wurden die Rohstoffe für die Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet transportiert.

Die deutschen Truppen hatten einen Angriff über das Rheinland schon erwartet. Der Ort, an dem er stattfinden sollte, war aber ein wohlgehütetes Geheimnis. Er lag etwas nördlich von hier, zwischen Nimwegen und Mook. Die Angriffslinie war weit auseinandergezogen. Im Norden kämpften die Briten und die Kanadier und mehr in Richtung Süd-Limburg waren es die Amerikaner.

Zu den britischen Truppen gehörte die 52. schottische Division, die vor dem eigentlichen Angriff hier in Afferden ankam. Die Gemeinde war von den Einwohnern geräumt worden. Aber in einem Waldstück in der Nähe, im Schloss Bleijenbeek, hatten sich deutsche Fallschirmjäger verschanzt. Sie boten unerwartet heftigen Widerstand. Den schottischen Truppen gelang es nicht, die Deutschen zu vertreiben. Ganz im Gegenteil. Trotz Einsatz von Panzern mussten sich zurückziehen und sammeln. Man forderte Luftunterstützung an. Diese kam in Form von Typhoon-Jagdbombern. Mit 22 Volltreffern verwandelten sie das Schloss in kürzester Zeit in einen Trümmerhaufen. So kam nach 600 Jahren das Ende von Schloss Bleijenbeek. Von den Nebengebäuden blieb gar nichts übrig, von dem Hauptgebäude nur ein paar Mauern.

Bleijenbeek ist nicht das erste Schloss, das im Krieg zerstört wurde. Schon vorher war nicht weit von hier das Schloss Geysteren ein Opfer von Kämpfen zwischen den Alliierten und deutschen Fallschirmjägern geworden. Und das passierte genauso, nämlich durch den Einsatz von Typhoon-Jagdbombern. Die Ruine Bleijenbeek wurde nicht wieder aufgebaut. Und von Geysteren war sowieso nicht genug übrig geblieben, um es zu restaurieren.

Damit ist Bleijenbeek bis heute auch das Symbol dafür, dass in dieser Region die meisten Kriegsschäden angerichtet wurden: in Südost-Gelderland, Ost-Brabant und Nord- und Mittellimburg. Auch das Rote Kreuz bestätigt, dass nur wenige andere Gebiete in den Niederlanden um diese zweifelhafte Ehre konkurrieren könnten.

Nach dem Krieg kehrten die meisten Bewohner dieser Region wieder zurück. Ihre Häuser und Wohnungen waren vielfach zerstört worden. Der Wiederaufbau musste beginnen. Dazu brauchte man in den Niederlanden etwa zehn Jahre.

Und Bleijenbeek? Bleijenbeek hat heute neue Bewohner: eine große Fledermauskolonie. Es gibt Pläne, die Ruine im jetzigen Zustand zu konservieren – damit wenigstens die Fledermäuse noch lange ein schönes Zuhause haben.

Hier finden Sie den Sprechtext „Die Schlossruine Bleijenbeek bei Afferden“.

Sprecher: Wolfgang Reinke
Autor: Erik van den Dungen
Übersetzerin: Dr. Ingrid Schupetta
Dieser Text darf zu privaten Zwecken gerne kopiert werden. Zur Veröffentlichung an anderer Stelle ist das Einverständnis des Autors einzuholen

Die Schlossruine Bleijenbeek
Die Schlossruine Bleijenbeek steht an der Straße zwischen Afferden und Siebengewald. Bleijenbeek (ohne Hausnummer)
5851EE Afferden (Gemeinde Bergen)
Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Mit dem Zug kann man nach Boxmeer fahren. Von dort geht es mit dem Rufbus weiter. Dazu wählt man die Nummer 0900-0699. Der Rufbus bringt einen dann zur Ruine, allerdings muss man mit einer Stunde Wartezeit rechnen.

Man kann sich in Boxmeer auch ein Fahrrad mieten und mit einer Fähre über die Maas übersetzen, um nach Afferden zu kommen. Die Strecke ist ungefähr sechs Kilometer lang.