Gennep (NL)

Die Brücke über die Maas

Wir stehen auf der Maasbrücke von Gennep. Diese Brücke gibt es erst seit 1955. An dieser Stelle befand sich früher eine einspurige Brücke der Boxteler Bahn von 1874. Um die Eisenbahnbrücke herum geschahen während des deutschen Überfalls auf die Niederlande abenteuerliche Dinge.

In der Nacht vom 9. auf den 10. Mai überschritten deutsche Truppen die Grenze. Vielerorts bemerkte man das erst zu spät. Eigentlich waren die Niederländer schon auf einen deutschen Angriff vorbereitet. Man hatte die wichtigsten Brücken des Landes mit Sprengladungen versehen. Allerdings wollte man mit dem Sprengen bis zum letzten Moment warten. Außerdem gab es an jeder Brücke Wachposten.

Der Posten hier an der Brücke von Gennep wurde durch einen Telefonanruf gewarnt. Aber gerade als er eintraf, näherten sich Soldaten in niederländischen Uniformen. Es war ein deutsches Sonderkommando. Nach einem kleinen Scharmützel wurde der Posten überwältigt. Mit derselben List kamen die Deutschen durch eine auf der anderen Seite der Brücke eingerichtete Sperre. Das geschah gerade rechtzeitig, um einen Panzerzug und einen Truppen- und Materialzug durchzulassen.

Deswegen wurde die Brücke von Gennep eine der wenigen Brücken, die 1940 nicht von den Niederländern gesprengt wurden. Sie wurde schließlich von der Wehmacht zerstört. 1944 sollte verhindert werden, dass die Alliierten den Übergang in umgekehrter Richtung nutzen konnten.

Die Brücke über die Maas in Gennep

Wir stehen auf der Maasbrücke von Gennep. Diese Brücke gibt es erst seit 1955. An dieser Stelle befand sich früher eine einspurige Brücke der Boxteler Bahn von 1874. Um die Eisenbahnbrücke herum geschahen während des deutschen Überfalls auf die Niederlande abenteuerliche Dinge, die man sich beim Blick auf das Wasser in Erinnerung rufen sollte.

1940 schien es nicht mehr sehr wahrscheinlich, dass die Niederlande dem angriffslustigen Nazi-Deutschland entkommen würden. Das niederländische Militär war bereits seit 1939 einberufen und stand zum Einsatz bereit. Es war ein offenes Geheimnis, dass es nicht gerade in bestem Zustand war. Neue Fahrzeuge, Geschütze und Munition waren zwar bestellt, aber vieles davon war noch nicht geliefert. Die niederländische Erfahrung in Wege- und Wasserbauten trug in dieser unbefriedigenden Situation zu alternativen Überlegungen bei.

„Niederland(e) – Wasserland“ sah sich durch die vielen Wasserläufe, die der Feind überqueren musste, bis er das Regierungszentrum mit der Königin erreichen konnte, geschützt. Im Süden der Niederlande war die Maas die Grundlage der Landesverteidigung. Über die Maas führen einige Brücken, sowohl Straßen- als auch Eisenbahnbrücken. Sie wurden mit Sprengkammern und Sprengstoff versehen, um sie bei dem geringsten Anzeichen für einen deutschen Angriff unbenutzbar zu machen. Dadurch sollte der Feind auf dem östlichen Maasufer aufgehalten werden – zumindest für eine Weile.

Rein zur Vorsicht lagen westlich der Maas sieben Bataillone, je 800 Mann stark. Sie waren bereit, die Eindringlinge abzufangen. Und hinter der Peel-Raamstellung, seinerzeit der bedeutendsten Verteidigungslinie der südlichen Niederlande, lagen noch einmal sechzehn Bataillone in Bereitschaft. Sie harrten der Dinge, die da kommen sollten. Die niederländische Heeresleitung unter General Henri Winkelman glaubte, dass sie einen deutschen Angriff damit aufhalten könnte – wenigstens so lange, bis man die Verteidigung des Gebietes um Rotterdam, Den Haag und Amsterdam organisiert hatte.

Das war also der ganze Plan zur Verteidigung. Hinzu kam noch, dass General Winkelman der Überzeugung war, die Grenzverteidigung wäre auf einen möglichen deutschen Angriff so gut vorbereitet, dass es nicht nötig sei, die Brücken als Vorsichtsmaßnahme zu zerstören. Man könne damit auch bis zum allerletzten Moment warten.

Welch ein Irrtum! Der militärische Geheimdienst der Deutschen, die „Abwehr“, war schon seit geraumer Zeit in den Niederlanden aktiv gewesen. Man hatte die niederländische Verteidigung sorgfältig analysiert. Auch die Brücken in Maastricht, Roermond und die hier in Gennep waren ausgekundschaftet worden. Mehr noch, 1939 stahlen die Deutschen einige niederländische Uniformen. Die konnten bei einem Angriff auf das Nachbarland von Nutzen sein.

Der Historiker Dr. Loe de Jong schreibt in seinem Standardwerk über das Königreich der Niederlande im Zweiten Weltkrieg:

„Die Eisenbahnbrücke war für die Deutschen wichtig, weil sie über die Brücke mit zwei Zügen die Peel-Raamstellung durchbrechen wollten: einem Panzerzug, gefolgt von einem Güterzug mit einem Bataillon Soldaten. Dazu mussten drei Punkte rechtzeitig erobert werden: die kleine Eisenbahnbrücke über die Niers, der Bahnhof von Gennep und die große Eisenbahnbrücke über die Maas.“

In den Abendstunden des 9. Mai 1940 traf Adolf Hitler in seinem Führerhauptquartier „Felsennest“ in der Eifel ein. Von dort aus gab er grünes Licht für den „Fall Gelb“. Das war der Tarnname für den Angriff auf die Niederlande, Belgien und Luxemburg — und die Vorstufe für den „Fall Rot“, mit dem eigentlichen Ziel: der Besetzung Frankreichs. In der Nacht vom 9. auf den 10. Mai überschritten die deutschen Truppen die Grenzen der Niederlande. An vielen Stellen bemerkten die Niederländer das erst, nachdem die Soldaten schon einige Kilometer in das Land eingedrungen waren. Sie waren auf diesen Überraschungsangriff nicht vorbereitet.

Von den drei von De Jong genannten strategisch wichtigen Punkten im Bereich der Peel-Raamstellung war die Maasbrücke bei Gennep am schwierigsten zu erobern. Die Niers ist östlich von Gennep ein recht schmales Gewässer und die kleine Brücke an dieser Stelle wurde kaum bewacht. Für die Deutschen war das nur eine kleine Hürde, die sie schnell überwanden. Auch der Bahnhof von Gennep fiel, ohne dass es zu größeren Kampfhandlungen gekommen wäre. Immerhin scheint es den Beamten dort noch gelungen zu sein, einen warnenden Telefonanruf an den Wachposten der großen Brücke zu richten. Allerdings rückte, gerade als das Telefon klingelte, eine Gruppe von Soldaten vor. Sie kamen aus östlicher Richtung. Zwei trugen niederländische Uniformen. Es war ein deutsches Kommando, das die echten Niederländer blitzschnell außer Gefecht setzte.

Zumindest einige der Angreifer sprachen akzentfreies holländisch. Es handelte sich um so genannte „Kampfdolmetscher“, niederländische Nazi-Freunde, die gezielt für diese Aktion angeworben worden waren. Sie riefen den Wachposten auf der anderen Seite der Brücke an und erklärten, dass sieben Personen über die Brücke kommen würden: zwei niederländische Grenzbeamte und fünf deutsche Gefangene. Obwohl die angeblichen Gefangenen auf der anderen Seite durchsucht wurden, blieben einige Handgranaten und eine Maschinenpistole wundersamerweise unentdeckt. Ein Gatter, das die Gleise sperrte, wurde geöffnet und die Gruppe konnte passieren. Es war ihnen möglich die Niederländer zu überwältigen, als auch noch deutsche Tiefflieger angriffen. Währendessen näherte sich bereits der Panzerzug.

Der Chef des deutschen Kommandotrupps, Oberleutnant Wilhelm Walther, erhielt für diese Aktion einen Orden, das sogenannte Ritterkreuz. Nach dem Krieg wurde der Führer des „Sonderverbandes zur besonderen Verwendung Brandenburg“ von den niederländischen Militärbehörden gefasst und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde jedoch nicht vollstreckt. Noch im Jahre 2007 publizierte der Oberleutnant a. D. in einem als rechtsextrem eingestuften Verlag.

Die Eisenbahnbrücke in Gennep ist eine von neun Eisenbahn- und Straßenverkehrsverbindungen, die 1940 nicht unterbrochen wurden. Sie wurde schließlich im September 1944 von den Deutschen gesprengt. Sie wollten nun ihrerseits verhindern, dass die Alliierten sie in umgekehrter Richtung nutzen konnten.

Mit einigem Recht kann man sagen, dass die Niederländer vor dem Krieg zu vertrauensselig waren. Sie verließen sich zu sehr auf ihre Neutralität. Aber die Deutschen waren ja auch Wölfe in Schafspelzen — wie die feindlichen Soldaten in den niederländischen Uniformen im Mai 1944.

Hier finden Sie den Sprechtext „Die Brücke über die Maas in Gennep“.

Sprecher: Wolfgang Reinke
Autor: Erik van den Dungen
Übersetzerin: Dr. Ingrid Schupetta
Dieser Text darf zu privaten Zwecken gerne kopiert werden. Zur Veröffentlichung an anderer Stelle ist das Einverständnis des Autors einzuholen.

Weiterlesen:
Hans Umbreit, Der Kampf um die Vormachtstellung in Westeuropa, in: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hg.), Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 2: Die Errichtung der Hegemonie auf dem europäischen Kontinent, Stuttgart 1979.

Das niederländische Standardwerk wurde von Loe de Jong verfasst: Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog, 14 delen, Den Haag 1969-1991.

Die Brücke über die Maas
Die heutige Brücke im Verlauf der Kreisstraße N264 führt zwischen Gennep und Oeffelt über die Maas.
Öffnungszeiten: Die Brücke ist jederzeit zugänglich.

Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Montags bis Freitags fährt ein Nachbarschaftsbus (238) von der Bahnstation Boxmeer in Richtung Grave und ein Linienbus (93) nach Gennep. Samstags und Sonntags fährt nur der Linienbus.
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