Wilhelm Raades
Luisenstraße 77

Der Stolperstein wurde gemeinsam mit einer Klasse von der LVR Gerd-Jansen-Schule verlegt.

Stolperstein-Geschichten in Krefeld

Aus arbeitslos wurde asozial

Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag ist mit Absicht in leichter Sprache geschrieben.

Wilhelm Raades wurde am 24. März 1903 in Krefeld geboren. Seine Eltern waren Henriette, geb. Krause und Wilhelm. Sein Vater war Polizeiwachtmeister . Er starb 1906.

Wilhelm und seine vier Geschwister wuchsen also ohne Vater auf. Er besuchte die evangelische Volksschule in Krefeld. Dann machte Wilhelm eine Lehre bei der Maschinenfabrik Gebrüder Breim zum Metalldreher . Wegen des Ersten Weltkriegs legte er keine Gesellenprüfung ab. Nach seiner Lehre fand Wilhelm nicht direkt Arbeit. Laut eigener Aussage konnte er nicht als Dreher arbeiten, da er kein Werkzeug und keinen Arbeitsanzug hatte. Auch besaß er nicht genug Geld, um sich das Material zu kaufen.

Trotzdem fand er zumindest manchmal kurzzeitig Arbeit. Im Dezember 1934 half er bei dem Bau der „Adolf Hitler Brücke“ mit. Wilhelm war nie politisch aktiv. Nur als er 1934 „Heil Moskau“ auf der Straße gerufen hatte, kam er für vier Wochen in Haft.

Er fuhr regelmäßig in die Niederlande . Da er aber keinen Auslandspass hatte, durfte er nicht dort arbeiten . Deshalb versuchte er , sich durch Betteleien durchzuschlagen. Im Mai 1937 wurde er nach einem Diebstahl in den Niederlanden festgenommen. Das Gericht Hertogenbusch verurteilte ihn zu sechs Monaten Haft . Nach seiner Freilassung am 11. November 1937 verließ er die Niederlande wieder. Drei Tage später wurde er an der Grenze festgenommen. Er war nicht im Besitz gültiger Papiere und musste 15 Reichsmark Geldstrafe bezahlen.

Außerdem wurde die Geheime Staatspolizei (Gestapo) auf ihn aufmerksam, weil er eine Postkarte aus den Niederlanden verschickt hatte. Auf dieser schrieb er, dass der Krieg in Deutschland bald ausbreche. 1936 wurde Wilhelm vom Arbeitsamt Krefeld bei der Gestapo angezeigt.

Als Begründung sagten die Beamten, dass er „trotz Mangels an Drehern nicht in Arbeit zu bringen [sei], da er alle Versuche [sabotiere]“ und sein Arbeitsbuch in Gegenwart eines Beamten zerrissen hätte.

Wilhelm wurde am 16. November 1937 erstmals verwarnt. Er verpflichtete sich dazu, sich um Arbeit und eine Wohnung zu kümmern Die Gestapo schrieb: „Bei Wilhelm Raades handelt es sich um einen arbeitsscheuen Menschen.“ Zuerst fand Wilhelm nach dieser Verwarnung Arbeit. Er blieb aber nicht lange dort und wurde bald wieder arbeitslos. Am 14. Februar 1938 zog er dann auf die Luisenstraße 77.

Am 27. Mai 1938 wurde Wilhelm in „Schutzhaft“  genommen und in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Als Grund gaben die Beamten an: „Er gefährdet […] durch sein Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates, indem er die für die wirtschaftliche Erhaltung des deutschen Volkes erforderliche Arbeitsleistung, zu der jeder Volksgenosse sittlich verpflichtet ist,  fortgesetzt verweigert und durch sein Beispiel die Arbeitsfreudigkeit  Anderer und das Vertrauen zu einer zielbewussten Arbeits- und Wirtschaftsführung des nationalsozialistischen Staates beeinträchtigt.“ Wilhelm wurde damit als „asozial“ verfolgt.

Die Lagerleitung in Buchenwald bewertete Wilhelm positiv. Trotzdem verweigerte die Gestapo Krefeld seine Entlassung aus dem Konzentrationslager. Sie schrieb: „Er ist ein minderwertiger Mensch, der gar nicht daran denkt, regelmässiger Arbeit nachzugehen und einen geordneten Lebenswandel zu führen.

Wilhelm Raades wurde am 30. Juni 1940 in Buchenwald ermordet. Die Nationalsozialisten behaupteten, er sei an einer Lungenentzündung gestorben. 

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